DICHTER UND PRINZ - CHAOS IM KAISERPALAST

11/09/2008 03:20:00 PM Edit This 1 Comment »
Gerade einmal drei Tage war es her, dass er zum K&K Hofdichter ernannt worden war, und er hatte schon den ersten Auftrag: er sollte in einer Woche eine Ballade auf den Kaiser verfasst haben. Jetzt, da er vor dem großen Schreibtisch aus Ebenholz saß, war er sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, dass er ein angemessener Nachfolger für seinen Lehrer wäre. Hilflos sah Johannes aus dem Fenster, als ob dort draußen, in der schneeverschneiten Landschaft Ideen für eine Ballade auf einen Kaiser schlummerten.

Zur gleichen Zeit saß der Kaiser in seinen Privatgemächern und fror erbärmlich. Er sah nach draußen und dachte: 'Dieser verfluchte Winter, im Schloss wird es einem nicht warm und wenn man nach draußen schaut schon gar nicht!' ... 
"Diener! ... Diener! ... Verflucht noch mal, ... Diener!", rief er. 
"Ich komme schon, eure kaiserliche Majestät! Was wünscht ihr mein 
 Herr?", fragte ein kleinerer, älterer Diener der gerade ins Zimmer gestürmt gekommen war. "Sei nicht so frech Samuel und lass mich nächstes mal nicht so lange warten! ..." 
"Jawohl!" 
"Unterbrich mich nicht! Jetzt weiß ich vor lauter Aufregung schon gar nicht mehr was ich         eigentlich wollte! ..." 
Samuel biss sich auf die Lippe und sah seinen Herrn betreten und fragend an. 
"... Ah! Jetzt weiß ich wieder was ich wollte! Hol mir meinen Hofdichter!", sagte der Kaiser. "Jawohl, eure Majestät!" 
"Bei meinem Bart jetzt geh endlich und verärgere mich nicht weiter!"
Schleunigst verließ Samuel den Raum und eilte zum Arbeitszimmer des Dichters.

„Der Kaiser möchte euch sprechen!“, platzte Samuel in Johannes' Zimmer. „Meine Güte habt ihr mich erschreckt!“, entfuhr es dem jungen Dichter, der bis eben in seinen Gedanken versunken dagesessen hatte. 
Er stand auf und folgte Samuel zu den Gemächern des Kaisers.
Samuel blieb vor der Tür stehen, während der junge Dichter in das Zimmer ging, und sich vor dem Kaiser verneigte: 
„Was wünscht, ihr mein Herr?“ 
„Verschieb die Ballade, schreib mir ein Gedicht über den Sommer oder den Frühling, aber, ein    Neues! Die Alten kann ich nicht mehr ausstehen!“

Hier sollte man einmal Anmerken, dass der Kaiser Gedichte liebte, so manch ein Hofdichter hatte seine Schwierigkeiten dem unersättlichen Hunger des Kaisers nach Gedichten gehabt und war entlassen worden.

„Jawohl, mein Herr!“ 
„Mach dich gleich an die Arbeit, du darfst gehen. Und kein ‚Jawohl, mein Herr!’!“ 
 Johannes schluckte genau jene Worte hinunter und verließ das Zimmer.

Zurück in seinem Zimmer ging Johannes zum Fenster und sah hinaus: Winter, er mochte diese Jahreszeit, doch am meisten mochte er den Frühling. Sollte er das Gedicht über den Frühling schreiben? Nein, selbst über seine Lieblingsjahreszeit konnte er kein gutes Gedicht schreiben.
Jahreszeitengedichte....darin war er noch nie gut gewesen!
Jetzt hatte er Samuel schon gehört bevor er ins Zimmer gestürmt kam. "Hat der Kaiser mal wieder etwas vergessen?", fragte er den Diener, kaum das er im Zimmer war. "Ganz richtig. Er hat vergessen dir die Zimmer der Jahreszeiten zeigen zu lassen. Nur die obersten Diener, der Kaiser und Angehörigen und der Hofdichter dürfen sie betreten. Aber jetzt komm erst einmal mit, sonst kommst du ja bis zum Anfang des Frühlings nicht zum Dichten."

Auf dem Weg zu den Räumen redete Samuel in einem Fort, aber Johannes bekam davon Nichts mit, denn er war schon wieder komplett in Gedanken versunken.
Nach einer Weile kamen sie in einen großen fünfeckigen Saal mit fünf Türen. Die, durch die sie gekommen waren war eine sehr schlicht gehaltene Holztür, die anderen vier waren prunkvoll bemalt. Die erste Tür auf der linken Seite war weiß gestrichen, und mit einem filigranen, schwarzen Muster bemalt. die anderen Türen waren im selben Stil bemalt, mit dem einzigen Unterschied, dass sie in den Farben des Frühlings, des Sommers und des Herbstes bemalt waren. In der Mitte von jeder Tür prangte ein Gemälde auf dem die jeweilige Jahreszeit in einem Kopf verkörpert war.
"Hinter der zweiten Tür von links findest du das Zimmer des Frühlings, hinter der zweiten von rechts das des Sommers.", sagte Samuel, "So jetzt muss ich aber schnell wieder zum Kaiser 
bevor er den nächsten Wutanfall kriegt, weil ich gerade nicht in Hörweite bin, wenn er das erste
Mal ruft." Der Diener sah Johannes nochmal mit einem schelmischen Lächeln an und verschwand durch die schlichte Holztür, die zurück in den eigentlichen Palast führte.        



1 Kommentare:

Captain Cook hat gesagt…

Liebe Nora, ein schöner Anfang ist das! Der Charakter vom König wird gut deutlich! und wie hart das Hofdichten ist auch. Wie geht die Geschichte wohl weiter? Fällt dem Dichter was ein, oder nicht? Schreibst du noch mehr?